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24.02.2010: 121. Kurzmeldung (09:03 Uhr MEZ)
Autos und Trailer soeben fertig. Haben derzeit jedoch unerwartet und heftig eine andere, sehr schwere Prüfung zu durchstehen. Das Team ringt. Morgen der Tag wird denke ich eine Entscheidung bringen. Schwere Zeit.
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25.02.2010: 122. Kurzmeldung (12:53 Uhr MEZ)
Die Prüfung ist vorüber. Das Team hat gerungen, sehr hart gerungen. Einen Crack im Miteinander zweier Menschen haben wir trotz aller Freundschaft, die unser Team verbindet und weiter verbinden wird, nicht kitten können. Nun, nach so langer Zeit des Kämpfens, Harrens, Wartens und harten Arbeitens wird es eine Teamänderung geben. Jefgeny Konstantinov wird nach Moskau zurückkehren, Konstantin Savva wird in das Einsatzteam zurückkommen. Es wird teamintern bleiben was geschah, aber Jefgeny hat sich diese Entscheidung sehr schwer gemacht. Er hat lange mit sich gerungen, am Ende stand jedoch der Flug zurück.
Mein guter Kamerad, ich danke dir für die gemeinsame Zeit, für die top Navigation, selbst im absoluten Blindflug, deine Ruhe, die Zuverlässigkeit, die Partnerschaft. Jefgeny, du warst ein top Partner. Ich bedauere dass du nicht weiter mit kannst.
Das Team wird morgen früh aufbrechen.
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26.02.2010: 123. Kurzmeldung (05:43 Uhr MEZ)
12 Uhr. Nach toller offizieller Verabschiedung vor der Administration, von vielen vielen Menschen und Freunden sind wir aufgebrochen.
13 Uhr. Achsschaden am F2 Trailer. Wir haben 4 Stunden gebraucht, sind wieder fahrbereit. Das Radlager mitsamt Trommel war abgebrochen und ein komplettes Rad hatte sich verabschiedet. Aus Providenia haben wir mit Hilfe von Alexander ein Ersatzteil von Aletr Achse geholt. In der Zwischenzeit haben wir alle anderen Achslager kontrolliert und nachgestellt. Die schwierigste Geschichte war es, den in den Schnee eingesunkenen Trailer einseitig anheben zu können.
17 Uhr. Weiter geht‘s!
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26.02.2010: 124. Kurzmeldung (07:51 Uhr MEZ)
Haben soeben New Chaplena erreicht. Wir fahren aber sofort weiter um das Nachtlicht (sehr gute Sicht mit Mondlicht) und die eisigen Temperaturen bis -35°C auszunutzen. Wir hoffen dass der tiefe Schnee, der jetzt 20 km bis zur Bucht kommt, in der Nacht mehr gefriert und uns trägt.
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26.02.2010: 125. Kurzmeldung (10:58 Uhr MEZ)
Steckten für ca. 1,5 Stunden heftig fest. Wir mussten uns von der Doppelbereifung trennen, da die Felgen kaputt gingen. Im Moment befinden wir uns im Tiefschnee zwischen New Chaplena und der Sinavinslkie Bucht. Begleitet werden wir von unseren beiden Skidoofahrern Vladimir und Konstantin.
Die drehen allerdings jetzt ab, fahren zurück nach Providenia um dort zu schlafen. Morgen früh kommen sie wieder zu uns. Als neuer Teamkollege und Ersatzmann für Jefgeny bis nach Lavrentia ist Valerie Borisovitsch, unser Freund aus Providenia im Auto von Rudi. Victor fährt bei mir mit.
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27.02.2010: 126. Kurzmeldung (00:32 Uhr MEZ)
08.30 Uhr. Haben uns gestern noch bis 2,5 km vor die Bucht gekämpft. Dann haben wir erschöpft angehalten um zu schlafen. Das Wetter ist okay, am Boden Winde mit Verwehungen (wir stehen in einem Tal. Da machen Fallwinde noch mehr zu schaffen), Himmel ist klar. Wir sehen die Bucht von unserem Standplatz schon (also da wo sie sein müsste wenn es Wasser wäre) und hoffen die letzten beiden Kilometer noch einigermaßen zu überwinden. Dann sehen wir wie wir aufs Eis kommen.
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27.02.2010: 127. Kurzmeldung (04:30 Uhr MEZ)
15 Uhr. Bucht erreicht. Nach kurzem Stopp zum Anlegen von Schutzkleidung sind wir wieder aufgebrochen. Mal sehen ob das Eis trägt. Der Einstieg war okay. Der Riss mit Wasser ist mittlerweile wieder gefroren. Sehr gut.
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27.02.2010: 128. Kurzmeldung (06:23 Uhr MEZ)
16.30 Uhr. F2 ist eingesunken. Das Wasser drückte in die rechte Spur. Es musste schnell gehen. Wir haben es mit einem sehr langen Seil am F1 Trailer geschafft und mit winchen winchen winchen. Jetzt fahren wir wieder.
17.30 Uhr. Ein Skidoofahrer dreht wegen Unterkühlung ab und kehrt nach Providenia zurück. Winchen und krabbeln weiter vorwärts auf tiefem Schnee auf Eis. Erster Gang Kriechgeschwindigkeit.
Noch 34 km nach Jandrekinot.
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27.02.2010: 129. Kurzmeldung (10:14 Uhr MEZ)
F1 ganz heftig in Schnee eingebrochen. Über einen Meter versunken. Grundsol, darunter Wasser. Wir haben drei Stunden gebraucht um ihn rauszubekommen.
Wir stehen noch an der Stelle und versuchen irgendwie über den Riss zu kommen, der darunter zu sein schein. Mit Sandblechen krabbeln wir halben Meter für halben Meter vor. Ohne Sandbleche geht nichts mehr. Wir schaufeln, winchen, ziehen, etc. Eine Plackerei ohne Ende.
Eben dann ein wenig russische Romantik als wir mit einer Brennlampe Feuer machten, einen Tee kochten (Kaffee auch), Brot schnitten, Zwiebeln und Wurst aßen. Genauso wie russische Soldaten das eigentlich machen, wie wir erfuhren.
Jetzt versuchen wir weiter zu kommen. Am besten ist wenn man vergiss dass man hier mit 16 Tonnen auf Eis mitten in einer Bucht steht. Dann geht es. Denkt man daran wird einem schon mal mulmig, obwohl die Dicke bei ca. 80 cm liegt.
Eben hat auch der Wind etwas nachgelassen, was dazu führte dass die Schneeflocken am Boden bleiben und nicht aufgewirbelt wurden. Wir konnten in der Ferne für ein paar Minuten immer mal wieder die Lichter von Jandrekinot sehen.
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27.02.2010: 130. Kurzmeldung (11:24 Uhr MEZ)
Wie läuft das ab was wir gerade machen?
Reifen 0,1 vorne und 0,2 hinten.
Zuerst versuchen wir F1 mit Schaufeln und Sandblechen irgendwie über die Tiefschneefelder zu bekommen. Meter für Meter. Dann winchen wir den F1 Trailer mit der hinteren Winde des F1 im Abstand von gut 80 Metern bis auf 40 Meter an F1 ran. Dann benutzen wir den F1 Trailer als Winchpunkt für das F2 Gespann und helfen auch hier mit den Sandblechen, da F2 sonst ebenfalls einbricht. Plackerei, aber nur so geht‘s.
Ohne das geniale Windensystem vorne und hinten mit Umsteckwinden: null Komma null Chance. Die auf Einachsbetrieb mit Kufe vorne umgebauten Anhänger sind auch nur so hier durchzubringen. Der Umbau hat sich gelohnt. Das Material von Roka und BPW ist einfach spitze.
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28.02.2010: 131. Kurzmeldung (00:22 Uhr MEZ)
Sind seit 24 Stunden auf dem Eis der Bucht. Es ist eine unglaubliche Plackerei. F1 und F2 sind total in Wasserfallen eingebrochen. 200 m in 13 Stunden. So ein Mist…
Aus der heftigsten Wasserfalle konnten wir uns befreien. Wir haben seit gestern 10 Uhr morgens nicht geschlafen. Das Team ist wohl auf und mental stark.
Weiter geht’s.
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28.02.2010: 132. Kurzmeldung (19:13 Uhr MEZ)
Nun haben wir seit 36 Stunden ununterbrochen durchgearbeitet. Wir sind wie beschrieben genau in die Wasserfallen rein und mussten uns daraus befreien vor dem man uns warnte. Aber einen anderen Weg als durch die Bucht gibt es nicht. Deshalb müssen wir versuchen durchzukommen.
Besonders das Winchen mit F1 ist neben dem ewigen Schaufeln und Sandbleche schleppen kräftezehrend. Um F1 winchen zu können brauchen wir einen Eisanker. Dieser besteht aus einem ca. 80 cm langen, runden Holzstück um dessen Mitte das Winchseil geschlungen wird. Dann versenken wir das Holzstück quer zur Zugrichtung in einem Schneeloch, das wir vorher bis auf die Eisfläche runtergegraben haben. In dieses ca. 80-100 cm tiefe Loch rammen wir dann noch drei Eisstangen um das Holzstück zu sichern und schlagen diese so tief wie möglich in das Eis auf dem das Holz liegt. Da Wasser auf dem Eis steht ist dies eine nasse Angelegenheit. Die Handschuhe frieren in Sekunden.
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28.02.2010: 133. Kurzmeldung (22:29 Uhr MEZ)
6 Uhr. Wir brechen auf nachdem wir nun zumindest einige Stunden geschlafen haben. Es sind -35°C. Daher hoffen wir dass das Wasser etwas mehr gefroren ist und wir fahren können anstatt zu winchen.
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01.03.2010: 134. Kurzmeldung (07:22 Uhr MEZ)
Aktuell befinden wir uns bei N 64°51.821‘ / W 172°43.365‘.
Nachdem wir gestern Abend noch beide Wagen und beide Trailer zumindest zusammen auf ein sicheres Stück "Wasserschnee" gestellt hatten, fielen wir in Tiefschlaf. Als wir abends noch Besuch von zwei Skidoofahrern und von Vladimir und Jefgeny aus Providenia erhielten, bekam zumindest ich das nur noch im Halbschlaf mit.
Heute lief es dann besser nachdem die tiefen Temperaturen der Nacht das Sulzgemisch hatten weiter frieren lassen. Die neuen Wrangler MTR‘s konnten wieder mal ihre Stärken ausspielen und uns vorwärts bringen.
Bedingt wird dieser Wasserschnee übrigens durch drei große Risse, die jedes Jahr in der Bucht entstehen. Zwei verlaufen quer zur Bucht, einer parallel. Auf den Fotos, die wir senden werden ist der Dritte zu erkennen. Die Risse sind ca. 40-60 cm breit. Der dritte Riss z.B. hatte nur eine Eisstärke an einer Stelle von rund 10 cm.
Was uns heute aufhielt waren Seehundlöcher. Seehunde brauchen Luft zum Atmen. Da aber alles gefroren ist, hat sich die Natur ein klasse Instrument einfallen lassen und die Tierchen mit "Superpuste" ausgestattet. Mit ihr "hauchen" sich die Seehunde Löcher in das Eis um an die frische Luft zu kommen. Es entstehen mehr oder weniger kreisrunde Löcher, die sich natürlich mit Wasser füllen. Schneit es lange, wehen die Löcher zu und es entsteht eine trügerische Schicht.
Etliche von den Dingern haben wir heute erwischt. Mal mit dem Vorder-, mal mit dem Hinter-, mal mit dem Anhängerrad. Hier muss es von den Kollegen nur so wimmeln.
Fährt man mit genügend Speed drüber und bricht ein, reißt es einem die Achse raus, da die Löcher mit dem Wasser/Schnee darüber ein Loch von insgesamt gut 1,5 x 1,5 Metern entstehen lassen. Also schön langsam, dann bricht zwar ein Rad ein, man macht sich aber nichts kaputt.
Steht man an einem solchen Loch und versucht es zuzuschaufeln um dann Sandbleche drüber zu legen, kann es sein dass man mit dem nächsten Spatenstich schon das nächste findet und mit den Füßen einbricht und sich wundert warum "Mann" plötzlich 60 cm tiefer steht (so geschehen).
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01.03.2010: 135. Kurzmeldung (07:30 Uhr MEZ)
17 Uhr. Soeben haben wir wieder Festland erreicht und damit Jandrekinot. Super geil!
Wir sind alle froh diese lange Bucht geschafft zu haben. Starkes Team!
Sofort wurden wir von einem Skidoo empfangen, ein Vater mit zwei Jungs. Unmittelbar danach erreichte uns der Ortspolizist. Wir wurden ebenfalls sehr freundlich begrüßt, die Papiere kontrolliert. Alles okay.
Jetzt fahren wir an den Ort um dann sofort wieder aufzubrechen. Das Wetter ist super, wird aber schlimm. Wir erwarten laut den genialen und derart genauen Wettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstes zwei Orkane, die uns treffen werden. Einer beginnt am Freitag. Bis dahin wollen wir schon ein gutes Stück Richtung Lavrentia geschafft haben.
Wir versuchen in jedem Fall eine Siedlung vor Lavrentia zu erreichen. Schaffen wir das nicht, müssen wird die Orkane im Auto aushalten.
Mal sehen wie schlimm die Strecke wird.
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01.03.2010: 136. Kurzmeldung (19:06 Uhr MEZ)
3 Uhr. Wir kommen nicht schlecht voran. Wir haben einen kleinen Pass hinter Jandrekinot geschafft und drei Stunden geschlafen. Da wir aber das Wetter nutzen müssen fahren wir schon wieder. Wir schlängeln uns nun zwischen zwei kleinen Bergketten und irren Schneeverwehungen hindurch, die hart sind wie Beton.
Aktuelle Position: N 64°58.172 / W 172°25.621
Das Team ist wohl auf.
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02.03.2010: 137. Kurzmeldung (21:45 Uhr MEZ)
Übel, übel.
Gestern Abend stellten wir fest dass am F1 nach einem Knacken hinten links vier von fünf Stehbolzen abgerissen waren. Bei genauerer Betrachtung waren die rechten dann auch lose und die am F2 auch. Alle Bolzen hatten sich in den Spurverbreiterungen gelockert, waren ausgebrochen. Die brauchen wir aber, weil die Herstellerfirma, die ursprüngliche Umbaufirma, die Beadlockschlauchlöcher falsch in die Felgen gebohrt hat. Das mit Reifen runter und rauf im Schnee, mit Umbau Reserverad, etc. bescherte uns 12 Stunden Arbeit unter härtesten Bedingungen. Denn gegen 19 Uhr setzte ein Blizzard ein. Übel, übel, übel.
Dazu kam plötzlich ein Gestank im F1, der wie faule Eier roch. Wir räumten das ganze Auto aus (ihr macht euch kein Bild davon wie heftig das unter den Bedingungen ist), Schnee im/unter/über/am Auto, in den Kleidern, im Equipment, alles alles voll mit Schnee. Schließlich fanden wir, dass die hintere rechte Batterie einen inneren Kurzschluss hatte, extrem heiß war und zu platzen drohte. Wir bauten sie aus.
Kann grad nicht mehr schreiben. Wir sind fix und fertig. Um uns herum tobt weiter der Sturm aber wir sind jetzt abfahrbereit. Draußen ist es kaum auszuhalten. Manche hatten mit beginnenden Erfrierungen im Gesicht und an den Händen zu kämpfen. Wir passten gegenseitig auf dass keine großen ungeschützten Stellen da waren und hatten alles an Schutzkleidung an was geht.
Hoffen weiter zu kommen. Schneeverwehungen binnen Minuten. Krass.
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03.03.2010: 138. Kurzmeldung (06:26 Uhr MEZ)
11 Uhr. Fahren seit einiger Zeit bei einer Sicht von 5-10 Meter. Nur das GPS navigiert.
Aber wir müssen weiter. Der Blizzard jetzt ist nur der Vorgeschmack auf die beiden Orkantiefs, die in spätestens zwei Tagen beginnen hintereinander auf uns zu treffen. Wir versuchen einen alten Vestichottrack zu halten. Derzeit haben wir 1.300 l Kraftstoff und Verpflegung für 14 Tage an Bord um rein rechnerisch Stürme mit laufenden Motoren bis zu 14 Tagen in der Tundra zu überstehen. Plus absolute Notreserve vier Tage ausschließlich Innenraumheizung durch Webasto. Danach wird es nur sehr schwer werden weiter zu kommen, weil die Tiefs Schnee bringen.
Das Team ist wohl auf und stark. Keine bleibenden Schäden von Froststellen. Alle Erfrierungen aufgetaut und Gefühl zurück.
16 Uhr. Nichts geht mehr gerade. Sicht null. Heftiger Blizzard. Keine Möglichkeit weiter zu fahren. Haben beide Wagen parallel gestellt, einen Zeltschutz vorne um die Wagen gebaut um die Motoren etwas zu schützen.
Werden jetzt etwas essen und uns dann hinlegen. Hoffentlich lässt der Sturm in der Nacht nach, dann brechen wir wieder auf.
Im Moment befinden wir uns ca. 60 km vor Lorino bei N 65°09.595 / W 172°12.403.
Das Iridium funktioniert. Wir sind per Telefon, Fax und E-Mail erreichbar. Alles okay. Hoffentlich stecken wir hier nicht ewig fest
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03.03.2010: 139. Kurzmeldung (19:16 Uhr MEZ)
4 Uhr. Es stürmt immer noch wie verrückt. Die Schneewehen um uns herum sind mittlerweile wie eine Sandburg. Eisige Kälte ohne Windberücksichtigung -30°C. Bei dem Wind dürfte das locker -40°C oder mehr bedeuten. Die Handschuhe können wir jedenfalls nur für ein paar Sekunden ausziehen. Mussten eben unter Anderem nachtanken und die Luftansaugstutzen mit Stoff umwickeln. Letzteres weil ansonsten Schnee eindringt und das schlecht für Motor und Heizsystem ist. Die Aktion ist krass bei den Gegebenheiten. Binnen Sekunden bist du voll von umher wirbelndem Schnee; an den Augenwimpern bilden sich Eiszapfen als wollten sie bis zum Kinn wachsen.
Unmittelbar als wir ausstiegen bemerkte ich einen Geruch nach Verschmortem. Sofort fingen wir alle an zu suchen. Ich erinnerte mich an Jakutsk, wo wir ebenfalls in einen starken Blizzard gerieten und Eis die Lüftermotoren blockierte und der Lüftermotor durchbrannte. Dasselbe war jetzt wieder der Fall als wir die Motorhaube von F2 öffneten. F2 hat somit wieder Arbeit für uns bevor wir weiterfahren können.
Haben die Autos jedoch erst mal weiter eingegraben; untenrum mehr oder weniger dicht gemacht mit Schnee. Das wird kein Spaß beim Ausschaufeln. Kerle, Kerle.
Fahrzeuge laufen ansonsten, auch wenn sie nicht dicht sind (bei derart heftigem Schneesturm dringt Schnee durch die Ritzen/Dichtungen - ist wie in der Wüste, der Sand findet auch überall seinen Weg).
Ansonsten ist das Team wohl auf, alles ok.
Position unverändert: N 65°09.594 / W 172°12.404
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04.03.2010: 140. Kurzmeldung (08:31 Uhr MEZ)
Gefangen im Blizzard harren wir der Dinge.
Das ist nicht wirklich schön und braucht Nerven. Der Sturm reißt an den Wagen, dem Schutz, den Aufbauten. Wir sehen fast nichts, die Kleidung ist nass, teilweise vereist, die Füße kalt, der Innenraum zum umziehen mit dicker Kleidung eher klein und wer denkt „Na ja, die liegen jetzt faul seit über 30 Stunden im Auto rum“, weit gefehlt.
Zuerst stieg die Temperatur bei F2 an, der ja aktuell ohne Lüfter ist, da wir die Reparatur bei dem Sturm nicht durchführen konnten. Dann streikten nacheinander die Innenraumventilatoren beider Wagen, was echt ärgerlich war, denn dann fehlt F2 die letzte Kühlungsmöglichkeit für den Motor und im F1 wird es auch saukalt.
Nachdem wir die Handschuhfächer ausgebaut hatten, fanden wir raus, dass die Ventilatoren - trotz dass wir die Lufteinlässe komplett mit Stoff verschlossen haben - bis oben mit Schnee voll standen. Dadurch gelangt Schnee und Eis in die Ventilatoren und droht diese zu blockieren. Ich begann gerade damit mir gedanklich einzelne Gelenke auszukugeln um anschließend akrobatisch vom Fahrersitz über Victor, den Beifahrersitz und zwischen allen Computern, etc. hindurch kopfüber in den Beifahrerfußraum zu tauchen, dann während mir das Blut ins Hirn strömt den Ventilator von unten auszubauen, als Victor eine gute Idee hatte.
Da es zwischenzeitlich saukalt im Auto war (Lüfter war ja aus), hatten wir die Webasto Standheizung zugeschaltet. Das Ding bollert ohne Ende Hitze raus und ist dermaßen genial, dass wir mit zwei Heizschlauchverlängerungen (die hatte ich zur Sicherheit nach Egvekinot mitgebracht) und der Idee von Victor die heiße Luft so umlenkten, dass wir den Luftstrahl direkt auf die Heizungseinheit im Armaturenbrett lenkten. So taute das Eis binnen Minuten und wir haben wieder Lüfterfunktion, die Heizung geht. Die Motortemperatur am F2 lässt sich so steuern nachdem wir die Reparaturmethode auch am zweiten Fahrzeug anwendeten.
Mittlerweile nehmen wir den Heißluftstrahl der Webasto auch zum Wasser anwärmen. Es kocht zwar nicht, wird aber richtig heiß. Genial.
Ansonsten ist da immer die Angst dass das nächste Bauteil diese Extreme nicht aushält. Die Schneewehen türmen sich, F2 müssen wir rechts alle paar Stunden wieder freischaufeln, weil sonst die Türen nicht mehr aufgehen. Wir kratzen das Eis und den Schnee innen von den Türen, verrenken uns die Füße um sie an den Luftaustritten oben zu wärmen, da unten zu schwach und der Fußraum um null Grad usw. Also nichts für schwache Nerven.
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05.03.2010: 141. Kurzmeldung (01:46 Uhr MEZ)
7 Uhr. Der Sturm hat für kurze Zeit etwas nachgelassen. Das gab uns die Möglichkeit in fünf Stunden den Lüfter von F2 zu reparieren. Wir müssen F2 noch besser mit Schnee zu schützen, einen Toilettenschutz bauen (Iglustyle), auch um unter zumindest erträglicheren Bedingungen nachtanken zu können, wenngleich es immer noch heftig ist. Wir haben die Standsituation aber verbessern können.
Ein Aufbrechen ist jedoch nach wie vor nicht möglich. Die Sicht liegt bei unter zehn Metern.
Das Team ist wohl auf, die Stimmung gut, die russisch-deutsche Freundschaft sehr stark, ausgezeichnete Kameradschaft. Die Motoren laufen. Position unverändert.
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05.03.2010: 142. Kurzmeldung (20:46 Uhr MEZ)
6 Uhr. Nach der dritten Nacht am dritten Tag hat der Sturm heute Morgen nachgelassen. Es ist weniger Schnee in der Luft. Die Sicht beträgt ca. 50-60 m.
Wir werden beginnen die Autos auszugraben, die Achsen und Getriebe mit dem Webasto-Heißluftstrahl aufzutauen (das Öl ist gefroren, so können wir nicht los). Das wird ca. acht Stunden dauern. Danach - sollte das Wetter so bleiben - versuchen wir hier wegzukommen.
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06.03.2010: 143. Kurzmeldung (01:29 Uhr MEZ)
11 Uhr. Wir haben F1 ausgegraben und versuchen eine Spur zu machen. Die Brennerlampe geht nicht. Der Sturm bläst auch den Webastostrahl weg, den wir versuchten auf die Achsen zu lenken. Also können wir das Öl nicht erwärmen – wir müssen es so versuchen.
Die Sicht ist bisher stabil bei ca. 50 m. Hoffentlich schaffen wir den "Ausbruch"
14 Uhr. Wir sind gestartet.
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06.03.2010: 144. Kurzmeldung (05:46 Uhr MEZ)
Der Ausbruch ist geglückt. Wir arbeiten uns Meter für Meter vorwärts. Soeben haben wir zwei schwierige Eispassagen geschafft und damit eine sehr schmale Landzunge erreicht.
Aktuelle Position: N 65°13.176 / W 172°12.393
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06.03.2010: 145. Kurzmeldung (09:39 Uhr MEZ)
20.30 Uhr. Gerade haben wir nach einer schwierigen Schrägfahrt und einem Anstieg mit vielen Schneeverwehungen vom Ufer zur Strandpromenade, eine Pause gemacht. Wir haben einen warmen Kaffee getrunken und etwas gegessen.
Draußen stürmt es wieder wie verrückt und wir drehen auch auf, aber diesmal die Musik. Nach den letzten Tagen der Gefangenschaft und dem heutigen Ausbruch freuen wir uns einfach mal. Wir drehen also die Musikboxen auf bis zum Anschlag und schicken uns ein Lied nach dem anderen über Funk.
Dank Christoph hat Rudi einen schier unendlichen Vorrat an Songs aller Richtungen und ich habe auf der Festplatte von F1 genügend Songs um Hitparade zu machen. Na ja, muss halt auch mal sein.
Geil auf jeden Fall dass wir aus dem Schneelager raus sind. Mal sehen ob wir den Pass, der vor uns liegt schaffen.
Vor ca. 3 km hatten wir bei einem Stopp noch festgestellt dass das vordere obere Achslager an F2 ausgebrochen ist, der Langarm rumschlackert. Na ja, wie immer müssen Gurte und Kupferdraht her, eine Portion Kraft zweier Männer, etwas Glück, ein Windschutz, eine Stunde Zeit und das Ding ist so gut wie geschweißt - halt nur mit Stoff. Mal sehen wie lange es hält.
Das Team ist wohl auf. Unsere aktuelle Position: N 65°15.710 / W 172°12.030
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06.03.2010: 146. Kurzmeldung (13:15 Uhr MEZ)
23 Uhr. Stark: Bei Schneetreiben, Wind, in der Nacht und teilweise null Sicht haben wir die Passhöhe bei N 65°17.119 / W 172°13.385 erreicht.
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06.03.2010: 147. Kurzmeldung (23:56 Uhr MEZ)
Wir bleiben nun stehen um ein bisschen zu schlafen.
Aktuelle Position: N 65°20.164 / W 172°12.642
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07.03.2010: 148. Kurzmeldung (01:33 Uhr MEZ)
9 Uhr. Das Wetter ist besser. Die Sicht beträgt ca. 60-80 m, weniger Wind, weniger Schnee.
Nachdem wir nun mehrere Stunden geschlafen haben, werden wir nun weiterfahren.
Unsere Position: N 65°20.891 / W 172°12.383
Haben eben zwei Jäger mit einem russischen Snowmobil getroffen, die auf einem angehängten Schlitten ein Jagdboot aus Walrosshaut hatten. Genial, aber krass dass sie damit wirklich ins Wasser gehen. Die Person muss einigermaßen leicht sein, die Paddel sind kaum 10 cm breit. Interessant wie sie da noch Robben reinholen wollen.
12.30 Uhr. Wir nähern uns weiter Lorino. Heftige Schneewehen erschweren das Vorwärtskommen erheblich. Immer wieder müssen wir den Trailer von F1 abhängen, mit F1 und Sandblechen einen Weg machen, alles wieder verladen, anhängen, und weiter.
Aktuelle Position: N 65°23.002 / W 172°11.084
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07.03.2010: 149. Kurzmeldung (05:01 Uhr MEZ)
Eben haben wir eine Fischerschutzhütte bei N 65°24.934 / W 172°09.521 erreicht. Dort trafen wir auf zwei Jägertrupps aus Lorina, die Seehunde jagten. Herzliche Begrüßung. Wir haben jetzt noch ca. 25 km nach Lorino. Jetzt rasten wir kurz, dann nachtanken, dann kämpfen wir uns weiter.
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07.03.2010: 150. Kurzmeldung (07:26 Uhr MEZ)
18 Uhr. Wir haben einen spirituellen Platz der Tschuktschen bei N 65°27.359 / W 172°06.597 erreicht. An diesem Platz auf der schmalen Landzunge, auf der wir gerade fahren, ragen Walknochen meterhoch in die Höhe.
Aufgestellt als spirituelles Mahnmal und Gedenkmal. Hier bringt man Opfer wie Victor mir erklärt. So auch wir. Als Vertreter für uns alle ging Victor mit gutem Essen - Lieblingsschokolade, Brot, etc. - um die Knochen und warf/legte den Göttern diese Speisen zur Besänftigung zum Essen vor. Ob es hilft sehen wir. Als Victor wieder ins Auto steigt und einen Moment sitzt, fällt sein Messer, das er fest vor sich ins Armaturenbrett gesteckt hat in den Fußraum. Eigentlich geht das nicht.
Auch nicht wenn man daran zieht und er hatte es zuvor auch nicht berührt. Komisch. Es ist das erste Mal dass es fällt und er meint es ist ein Zeichen, die Götter haben uns gesehen und okay gesagt.
Nun steigt auch Rudi aus, will den Ort selbst besuchen. Eine ganze Zeit steht/verharrt er mit dem Rücken zu uns, sieht in die Ferne.
Vielleicht ist dies wirklich ein magischer Ort.
Mittlerweile ist es dunkel geworden. Keiner spricht ein Wort. Weder im Auto, noch über Funk. Jeder geht seinen eigenen Gedanken nach und irgendwie ist es als stünde die Expedition auch in den Köpfen für einen Moment lang still.
Ich werde hier ein wenig schlafen.
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07.03.2010: 151. Kurzmeldung (09:00 Uhr MEZ)
Nach ermüdendem ungefähr 40 Mal Trailer ab-/anhängen, Spur machen, zurückfahren, etc. auf den letzten 5 km haben wir nun den äußersten Zipfel einer Landzunge bei N 65°29.027 / W 172°04.992 erreicht. Damit sind wir nun ca. 15 km vor Lorino. Wir müssen nun ca. 1-3 km über Meereis fahren um auf die andere Landzunge zu kommen. Das hängt jedoch von der Eissituation ab. Bei Nacht gehen wir das jetzt nicht mehr an. Wir warten Tageslicht ab.
Team okay, Kraftstoffreserven okay. F1 Motor stottert wegen Kraftstoffzufuhrproblemen, bei nächster Gelegenheit muss die Benzinpumpe gereinigt werden. Außerdem haben wir heute eine überhitzte Servolenkung gehabt, Luft im System. Das muss in dem Zug, wenn die Achse am F2 geschweißt wird mit repariert werden.
Wir legen uns jetzt schlafen. Es war ein harter Tag.
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08.03.2010: 152. Kurzmeldung (06:56 Uhr MEZ)
8 Uhr. Sind aufgebrochen. 15 km auf Eis und einer Landzunge liegen zwischen uns und Lorino. Hoffen wir dass wir es heute schaffen.
16.30 Uhr. Nach 11 Tagen in Schnee und Eis, auf einer Gesamtstrecke, die nach unseren Informationen noch niemals zuvor von Autos und dazu noch mit Trailern und aus eigenem Antrieb zurückgelegt wurde, vier Mann auf sich alleine gestellt, erreichten wir soeben Lorino. Da uns das viele nicht zutrauten, sind wir schon ein bisschen mehr als zufrieden.
17.30 Uhr. Nach einem herzlichen Empfang mit jeder Menge Kindern, nach der Registration und Kontrolle der Papiere, brechen wir jetzt wieder auf nach Lavrentia. 43 km.
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08.03.2010: 153. Kurzmeldung (12:56 Uhr MEZ)
24 Uhr. Wir haben den Randbezirk von Lavrentia erreicht. Aktuell stehen wir drei Kilometer vor der Stadt auf einer Anhöhe (aktuelle Position: N 65°35.577 / W 171°04.660) und haben uns entschieden hier zu übernachten, morgen früh erst in die Stadt zu fahren.
An dieser Stelle noch ein Dank an Valeriy, ein super Typ. Ein Mann, der sich nichts daraus machte dass Andere ihn für verrückt erklärten als er sich entschied die Expedition zu begleiten.
Danke dass du eingesprungen bist. Wir sind sehr gerne mit dir unterwegs gewesen, du warst ein guter Kamerad, hart im nehmen und sehr zuverlässig. Danke für deine fröhlich Art und deine gute Laune! Valeriy wird nun nach Providenia zurückkehren und Konstantin Savva wird anstelle seiner das Team komplettieren. Damit bleibt es bei der hälftigen Aufteilung Russland/Deutschland im Team.
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09.03.2010: 154. Kurzmeldung (02:19 Uhr MEZ)
Wir fahren jetzt in die Stadt. Von hier aus sind es noch 80 km Luftlinie bis Uelen.
Wir werden jetzt erstmal 2-3 Tage Autos instand setzen und dann versuchen am Ende der Woche aufzubrechen.
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10.03.2010: 155. Kurzmeldung (20:16 Uhr MEZ)
Es war ein sehr freundlicher Empfang, den wir hier in Lavrentia erlebten. Der Chef der Administration empfing uns unmittelbar nachdem wir in die Stadt eingefahren waren. Alles wurde sofort für uns organisiert, eine kleine Wohnung mit Küche, eine warme Box in der wir die Autos reparieren können (und einen Teil heute auch schon erledigten wie z.B. Vorderachsen schweißen, Räder umbauen, Batterie wechseln, alles kontrollieren, etc.).
Wirklich klasse. Eine sehr herzliche Aufnahme in dieser besonderen Stadt am Ende Tschukotkas. Morgen sind wir eingeladen einen kleinen Vortrag im Kulturcenter der Stadt zu halten.
Derzeit planen wir am Wochenende nach Uelen aufzubrechen.
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12.03.2010: 156. Kurzmeldung (05:59 Uhr MEZ)
Heute besuchten wir auf Einladung noch die Schule hier und sprachen mit ca. 80 Kindern, die unseren kleinen Vortrag besuchten. Im Anschluss lud man uns noch zu vorzüglichem Essen in der Schulaula ein.
Langsam gehen auch die Vorbereitungen für die Absicherung der Beringstraßenüberquerung in die entscheidende Phase. Wir prüfen, vervollständigen gerade das Notfallequipment. An den Wagen müssen wir nun noch die Tanks aus-/einbauen, um die Kraftstoffpumpen zu reinigen, die Radlager der Trailer kontrollieren/einstellen, volltanken, einkaufen und dann versuchen wir am Sonntagvormittag aufzubrechen.
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14.03.2010: 157. Kurzmeldung (23:50 Uhr MEZ)
In ca. drei Stunden werden wir nach Uelen aufbrechen. Eine sehr schwierige Strecke mit vielen Schrägen und fünf Pässen liegt vor uns, außerdem eine enge Stelle mit offenem Flusswasser.
Hinter uns braut sich ein Sturm zusammen, der uns bedrängt. Eine Sturmwarnung ging bereits in der Administration ein. Wir hoffen nicht voll getroffen zu werden und in 3-4 Tagen Uelen zu erreichen.
Team wohl auf. Ab jetzt sind wir nur noch über Satellitenmail erreichbar.
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15.03.2010: 158. Kurzmeldung (08:01 Uhr MEZ)
Sind eben aufgebrochen. Fahren in die Dunkelheit. Hatten noch Probleme mit Trailer von F2 und die neue Servopumpe am F1 ist auch wieder kaputt gewesen. Zum Glück hatten wir noch eine. Jetzt darf keine mehr kaputt gehen.
Noch 100 km bis zum östlichsten Punkt Asiens. [/b]
............
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15.03.2010: 159. Kurzmeldung (13:36 Uhr MEZ)
Aufbruch war 18.30 Uhr.
Haben auf Empfehlung von Vestichotfahrern aus Lavrentia soeben die große Bucht von Lavrentia - klar auf Eis - in weitem Westbogen überquert. Gesamtstrecke auf Eis: 8 km. Bis auf einige Risse, die wir aber problemlos überfahren konnten, kein Problem. Dann jedoch schwierige Anlandung an Küste mit 800 m Steilanstieg.
Sensationell wie sich die Wrangler MT/R in den Schnee bissen.
Sind jetzt auf Position N 65°39.811 / W 170°53.617
Noch ca. 92 km bis nach Uelen.
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15.03.2010: 160. Kurzmeldung (16:03 Uhr MEZ)
Neun Stunden für 14 Kilometer - nicht schlecht.
Aktuelle Position: N 65°44.185 / W 170°53.227
Alles soweit okay. Noch 86 km.
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16.03.2010: 161. Kurzmeldung (00:30 Uhr MEZ)
8 Uhr. Nach vier Stunden Schlaf, einer lauwarmen Tasse Kaffee und ein paar Keksen sind wir wieder aufgebrochen. Unser Weg (GPS-Track der Vestichotversorgungsfahrer) führt uns gerade über eine riesige Hochebene, die in der Ferne noch umrahmt ist von Hügelketten. Der Eindruck ewiger Weite, verstärkt durch gleißendes Licht, das sich durch Schnee, Dunst, Sonnenstrahlen breit macht.
Verschwindend klein, wie "ein Nichts", kriechen wir zu viert mit unseren Gespannen durch diese Weite. Die Geschwindigkeit von ca. 2 km/h tut ihr Übriges.
An dieser Stelle möchten wir uns auch nochmals besonders bei der Administration und der "JKH", dem Kommunalservice Lavrentias, für die Hilfe und Unterstützung bedanken. Besonders die Zurverfügungstellung der beiden Arbeitsplätze in den kommunalen Garagen für die Instandsetzung unserer beiden Wagen war eine große Hilfe.
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16.03.2010: 162. Kurzmeldung (00:55 Uhr MEZ)
12 Uhr. Kommen derzeit gut voran. Aktuelle Position: N 65°50.593 / W 170°50.588
In Anadyr und Providenia stürmt es und wir fahren durch den allerschönsten Sonnenschein. Die Wettervorhersage wonach der Sturm knapp über unserem Fahrgebiet vorbeiziehen soll ist gigantisch gut. Wir befinden uns derzeit mit unserem Fahrtgebiet in einem Keil eines Hochs, das sich zwischen zwei Sturmtiefs geschoben hat. Ich bin immer wieder sprachlos wie genial genau die Wetterdaten des DWD sind, mit denen wir versorgt werden und verlasse mich bei allen Entscheidungen zu 100% darauf.
Noch 70 km.
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16.03.2010: 163. Kurzmeldung (05:06 Uhr MEZ)
16 Uhr. Wieder ein Lüftermotorschaden. Hat uns aufgehalten. Danach Eintritt in den schwierigsten Streckenabschnitt: ein Canyon, der schwer zu befahren ist und in den Anstieg zu einem Pass mündet. Na sauber, schaufeln seit zwei Stunden an der gleichen Stelle. Schwierig/müde.
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16.03.2010: 164. Kurzmeldung (12:01 Uhr MEZ)
17 Uhr. Haben uns Meter für Meter vorgearbeitet. Aber jetzt ist absolut keine Sicht für die Fahrer mehr. Aufgrund des Lichtes, des Schnees, des Dunstes, können wir selbst mit gelben Brillen keine Konturen mehr im Schnee erkennen. Alles ist eine weißblaue Suppe. Haben uns entschlossen stehen zu bleiben und die Nacht abzuwarten. Werden jetzt ca. drei Stunden schlafen. Dann versuchen wir die Nacht durchzufahren/zu arbeiten. Wir stehen ca. 500 Meter vor dem ersten von fünf Pässen.
19:30 Uhr. Ein fürchterliches Geräusch reißt mich aus dem Schlaf. Mein Motor? Ich reiße die Tür auf. Nein, alles ok. Dann muss es von Rudi kommen. So ein Mist. Ich springe raus, stolpere schlaftrunken Richtung F2, falle, dann sehe ich zwei Lichter, die hinter F2 ankommen: ein aufgebohrtes Vestichot oder kein Auspuff dran.
Boar, man. So einen Schrecken braucht kein Mensch.
Im Endeffekt für uns aber nur sehr gut, denn a) hätten wir eh aufstehen müssen, und b) fährt das Vestichot jetzt zumindest ein paar Kilometer einen Track, bis es nach Naschken abbiegt. In dem Track können wir folgen und haben es etwas leichter. Fahren mit einem Rad rein, dann müssen wir nur noch eins graben. Wieder so eine super Fügung.
Derzeitige Position: N 65°54.331 / W 170°43.951
Alles ok.
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16.03.2010: 165. Kurzmeldung (22:30 Uhr MEZ)
4 Uhr. Haben 4,5 Stunden geschaufelt nur für den Ausstieg aus dem Canyon. Zwölf Tonnen Schnee umgelagert. ;-) Hang begradigt. Plackerei satt auf dem berüchtigten Zahnfleisch.
Noch ca. 60 km. Schlafen jetzt ne Mütze voll.
8 Uhr. Sonnenschein weckt uns, nur um uns in schönstem Licht den nächsten fiesen Hang vor uns zu zeigen – nein, das gibt‘s doch nicht.
Doppelt so lang wie der von gestern Nacht und genauso steil - oh man!
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16.03.2010: 166. Kurzmeldung (22:50 Uhr MEZ)
Wie geil ist das denn?
Wir fuhren einfach rauf!
Dann nach ca. 1,5 km stehen wir jetzt bei Position N 65°57.574 / W 170°33.869 unterhalb einer Anhöhe schräg in einem Hang mit Kurs Nord. Es ist schönster Sonnenschein und rechts von uns öffnete sich eben zwischen zwei Bergen der wunderbare Blick auf die Beringstraße mit Radmanov Island (Big Diomende) genau in der Mitte. Der Hang in dem wir stehen fällt bis zur Beringstraße flach ab und geht direkt in Eis über. Warum biegen wir nicht einfach hier ab?
Links von uns deutliche Spuren von Wölfen. Ein Traum von Bild in einer traumhaften Landschaft.
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17.03.2010: 167. Kurzmeldung (03:30 Uhr MEZ)
Haben weiteren Pass in Angriff genommen. Hängen aktuell seit drei Stunden kurz unter der Passhöhe. Schaufeln mit Sandblechen, abhängen, anhängen. Volles Programm. Dazu: F2 dreht nur noch bis 4000 1/min, F1 Motor nur noch bis 2500 1/min, danach ruckeln und absterben. Nehmen an Dreck im Tank.
Noch 40 km
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17.03.2010: 168. Kurzmeldung (06:09 Uhr MEZ)
Nach insgesamt sechs Stunden haben wir eben die Passhöhe erreicht. Der Blick, der sich uns nun bietet ist gigantisch. Wir sehen in der Ferne das Ende Russlands, das Ende Asiens. Am Horizont liegen die letzten Berge vor der Beringstraße. Zum ersten Mal sehe ich also das Ende der Asienfahrt.
Hinter uns geht die Sonne unter und taucht alles in ein Meer aus rot/orangener Farbe. Laut Karte noch ca. 30 km und ein Pass.
Aktuelle Position: N 66°00.786 / W 170°26.039
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17.03.2010: 169. Kurzmeldung (10:53 Uhr MEZ)
Ein Wettlauf gegen die Zeit hat begonnen. Laut Wettervorhersage werden wir morgen, Donnerstag, gegen Mittag von einem Sturm getroffen. Dieser bringt auch Schnee. Kämpfen gegen die Müdigkeit. Stehen aktuell in Flussbett bei N 66°01.777 / W 170°17.780
F1 ist nach vielen Anläufen den Hang hoch. Jetzt die Trailer und F2. Können nur winchen über 100 m.
Wind setzt langsam ein. Erste Böen treffen uns schon und lassen Schnee aufwirbeln. Hoffentlich schaffen wir es und stehen nicht noch Tage im Sturm. Noch ca. 22 km.
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17.03.2010: 170. Kurzmeldung (19:46 Uhr MEZ)
Mussten gestern Nacht gegen 2 Uhr stoppen. Waren stehend okay. Ich konnte die Augen kaum mehr aufhalten. Vor allem nachdem wir nach fünf Stunden winchen und schaufeln den Flussausstig geschafft hatten.
Wir vereinbarten 30 min. schlafen, dann weiter. Leider schlief die "Nachtwache", die wach bleiben sollte selbst ein, nachdem sie (nach eigenen Angaben ;-)) x-mal versuchte mich zu wecken.
Wie auch immer… Eben (6 Uhr) wachten wir auf. Es ist ...
Traumwetter und... gerade beginnt die Sonne hinter den letzten russischen Bergen aufzugehen. Als steigt sie aus dem Beringmeer.
Wir sehen das Ende des Kontinents, die Beringstraße, Eis, Radmanov Island - klasse.
Werden jetzt noch frühstücken.
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17.03.2010: 171. Kurzmeldung (21:47 Uhr MEZ)
Schon etwas bizarr. Von unserer aktuellen Position aus (N 66°02.949 / W 170°08.60 können wir zum ersten Mal "das echte Gestern" sehen (little Diomede / Alaska).
Sieht aus wie heute, aber das kann ja keiner wissen. ;-)
Noch ca. 17 km.
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17.03.2010: 172. Kurzmeldung (23:10 Uhr MEZ)
8.47 Uhr. Erster Sichtkontakt mit Uelen. Am Horizont sahen wir für einen kurzen Augenblick die Häuser Uelens.
Noch 14 km.
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18.03.2010: 173. Kurzmeldung (00:08 Uhr MEZ)
10.45 Uhr. Doch Wettlauf auf den allerletzten Metern. Das gibt es einfach nicht. Der für die Mittagszeit angekündigte Sturm schickt Boten um Boten. Der Wind nimmt zu, Wolken werfen Schatten. Bedrohlich kommen sie von allen Seiten, scheinen uns zu umzingeln. Sie scheinen immer tiefer zu kommen, wir "drücken" uns an den Boden, versuchen drunter durch zu flutschen, nicht eingeschlossen zu werden. es sind Schneewolken. Der Blizzard erwartet uns. Vereinzelt lässt er es schon schneien. Er droht uns wie es scheint.
Position: 66°05.036 / W 170°00.475
Noch 8 km.
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18.03.2010: 174. Kurzmeldung (01:26 Uhr MEZ)
12.30 Uhr. 6 km vor Uelen. Der Blizzard beginnt. Noch 40 m Sicht.
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18.03.2010: 174. Kurzmeldung (05:05 Uhr MEZ)
Welch eine Begrüßung, welch eine Begrüßung. Viele kamen, lachten, freuten sich mit uns. Die Autos erhielten die Unterschriften von mindestens allen Kindern aus Uelen ;-) und vielen anderen. Direkt wurde Lavrentia informiert dass wir angekommen sind.
Unsere Unterkunft wurde auch schon gesichert. Wir haben ein kleines Zimmer in einem Haus, das einer Bekannten von Victor gehört.
Das Team wird nun ein wenig rasten, dann so bald als möglich die Reparatur der Fahrzeuge in Angriff nehmen und Vorbereitungen für die Beringstraße treffen.
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18.03.2010: 175. Kurzmeldung (09:41 Uhr MEZ)
20 Uhr. Haben Trailer vor Haus geparkt, für Autos eine Box gefunden, etwas Warmes gegessen. Gehen jetzt schlafen. Für morgen haben wir schon eine Einladung in die Schule zum Vortrag. Müssen außerdem verschiedene Behördengänge erledigen, etc.
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Danke an Russland
Ich zögerte bis zuletzt, ABER es sieht so aus als ob uns das Ankommen vergönnt wäre. Noch 2 km.
An diesem Tag, dem Tag an dem wir das Ende Russlands und damit das Ende Asiens erreichen werden, möchte ich zunächst einen Dank an Russland schreiben:
"Persönlich und stellvertretend für alle, die bisher dabei waren und für alle, die dabei sein werden, verbeuge ich mich heute tief vor den Menschen Russlands und ich danke der Regierung/Administration dieses Landes. Danke dass Sie alle der Expedition „Paris / New York – Transcontinental“ die Ehre zuteilwerden ließen Ihr Land so zu durchfahren und derart viele unglaubliche Erlebnisse zu sammeln. Ich werde nicht vergessen was Sie der PNY-Expedition ermöglichten. Es ist das große Herz Russlands, das eine derartige Gastfreundschaft zu geben vermag, wie ich sie sonst noch nirgends auf der Welt fand. Es ist die russische Tradition, die Kultur, die Menschen, die alle Achtung, Respekt und Ansehen verdienen.
Es ist eine besondere, eine außergewöhnlich bedeutende Kultur."
Danke.
Matthias Jeschke
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Danke an Uelen
Im Moment sind es Sprachfetzen, Wörter, halbe Sätze oder auch mal ganze Formulierungen, die mir durch den Kopf schießen.
Es ist Zeit geworden für ein paar Gedanken – heute.
Im Radio meines Wagens laufen Lieder, die mich seit Jahren begleiten. Es ist angenehm warm im Wagen, die Gedanken schweifen.
Ab und zu nur werde ich an daran erinnert wie unbedeutend die paar Millimeter Blech und Glas um uns herum sind, die - wenn die Motoren nicht laufen würden - den bis zu 75° Temperaturunterschied, den wir schon hatten nur für Minuten halten könnten.
Es gibt sicher Viele, die das was wir machen für sinnlos erachten. Es wird Menschen geben, die uns belächeln und es gibt sicher Menschen, die wir/ich verärgerte(n) während der Fahrt bis Uelen.
Das kann sein und ich möchte mich hiermit bei denen, die wir wissend oder unwissend verärgerten entschuldigen, stellvertretend und persönlich.
Ob wir bei dem anstehenden Versuch der Beringstraßenüberquerung scheitern werden oder nicht, ob man uns verteufeln wird oder nicht, ob man über uns/mich lachen wird oder nicht, eines haben wir in jedem Fall erreicht: viele Menschen lernten einander kennen, leisteten außergewöhnliches und waren Teil einer besonderen Fahrt. Diese Kontakte, Treffen, Gespräche, etc. haben Erinnerungen hinterlassen, bei jedem Einzelnen. Und wenn es nur ein ganz kleines bisschen geprägt hat, etwas ist hängen geblieben - ein Stück Verbindung der unterschiedlichsten Kulturen auf dem langen Weg an das Ende Asiens.
Es ist ein Verdienst aller Menschen ab Paris, es ist eine Fahrt Aller, die dabei waren oder mithalfen, persönlich oder in Gedanken, aktiv oder passiv. Ich hoffe jedem Einzelnen von Ihnen bisher das Gefühl der Dankbarkeit gegeben zu haben. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, so möchte ich bitten auch dies zu entschuldigen und hole das hiermit nochmals ausdrücklich nach.
Es sind kleine, große, außergewöhnliche und unglaubliche Leistungen, die die unterschiedlichsten Menschen dieser Fahrt zuteilwerden ließen.
Ich kann alle denen das Projekt bis hierher dank schuldet nicht aufzählen, es sind zu viele. Aber ich möchte stellvertretend für alle, die Außergewöhnliches beitrugen, die Geschichte eines kleinen Jungen erzählen:
Er kam in einem Dorf, das wir durchfuhren, auf mich zu. Er war dick vermummt mit seiner Mutter von irgendwo durch die Kälte gelaufen um uns zu treffen. Als er an meinem Wagen ankam, streckte er mir seine Hand entgegen und als ich richtig hinsah, sie greifen wollte um sie zu schütteln und ihm hallo zu sagen, bemerkte ich dass er mir nicht seine Hand geben, sondern ein Geschenk machen wollte. In seinem dicken Handschuh lag ein kleiner Talisman.
Er wollte mir Glück schenken.
Dieser kleine Mann, der dabei bis über beide Ohren zu strahlen schien, schenkte der Expedition und mir ein Stück Glück. Wie glücklich ich über diesen Moment war wird er evtl. nie erfahren, aber wie außergewöhnlich seine Leistung war, sollen andere wissen.
Denn aus dem Blick eines Kindes zu warten bis Fremde kommen, mit Autos, die man bestaunen oder vor denen man Angst haben kann, dann dick angezogen durch die klirrende Kälte zu stapfen, auf einen wildfremden Mann zuzugehen, ihn anzulachen und ihm, der nichts, aber auch gar nichts für ihn getan hatte zu beschenken, das ist außergewöhnlich. Er wusste nicht dass ich zwei Söhne habe, die mich viel zu lange nicht sahen und wie sehr ich jeden Tag an sie denke, sie vermisse. Er wusste nicht welche kraft ich aus seiner Handlung, die er mir zuteilwerden lies ziehen konnte um durchzuhalten, aber er hatte einen besonderen Beitrag geleistet, als ich mich zu ihm beugte und das Geschenk dankend annahm.
So bedeutend wie die Leistung dieses kleinen Jungen war, so haben viele, viele, viele, viele Erwachsene Dinge getan, die bewegten, die erfreuten, die halfen, die Brücken bauten, die verbanden, die Grenzen verschwinden ließen und Hindernisse überwanden.
Ich danke Ihnen/euch allen.
Herzlichst, Matthias Jeschke
P.S.: Aktuelle Position beider Fahrzeuge und Trailer seit 13:45 Uhr: N 66°09.017 / W 160°49.931 = 200 m vor Uelen. Uns ist nicht bekannt, dass je zuvor ein anderes Fahrzeug aus Paris kommend, aus eigener Kraft und über die Südroute - noch dazu mit Anhängern - Uelen erreichte.
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22.03.2010: 177. Kurzmeldung (11:20 Uhr MEZ)
Erst mal möchte sich das ganze Team für die vielen Glückwünsche bedanken, die uns erreichten. Das baut auf, ist super. Vielen Dank.
Wettertechnisch sieht es derzeit schlecht aus. Tschukotka ist fest im Griff verschiedener Tiefs und hier am östlichsten Punkt hat der Wind von Süd auf Nord gedreht. Das und die Tiefdruckgebiete mit Sturm versalzen uns derzeit gehörig die Suppe.
Na ja, aber ohne die Freundlichkeit des guten Wetters der letzten Tage wären wir nicht hier, also warten wir ab und bereiten uns vor.
Wir nutzen die Zeit für das Aussortieren und Zusammenstellen des Equipments, Anproben der Einsatzanzüge, das Herrichten der Erste-Hilfe-Koffer, die Instandsetzung/Umbauten des technischen Equipments wie Lampen, Telefone, Laptops, Mehrfachverkabelungen, etc., laufen die Bunny Boots ein, studieren Kartenmaterial, führen Gespräche mit Wal- und Robbenjägern über die Strömungen, das Eis, die Wetter- und Eisverhältnisse. Außerdem hielten wir einen Schul- und einen Kulturvortrag, erhielten ein Sonderkonzert der einheimischen Tanzgruppe mit traditionellen Tänzen, haben geduscht, usw.
Übrigens hat das schlechte Wetter derzeit quasi wirklich ganz Tschukotka fest im Griff. Fast sämtliche Flüge hier sind ausgesetzt.
Selbst Flüge aus Moskau können in Anadyr nicht landen, mussten bis Magadan umgeleitet und anschließend zurück geschickt werden. Viele Menschen in den unterschiedlichsten Dörfern, Städten, etc. kommen nicht weiter, warten auf Anschlussflüge.
Es ist halt wieder Warten angesagt - was nicht einfach ist. Es kostet fast genauso viel Nerven wie Fahren, mal sehen.
Rudi lernt übrigens super fleißig russisch und Victor organisiert wieder wie ein Weltmeister.
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26.03.2010: 178. Kurzmeldung (05:08 Uhr MEZ)
Gute Tage sehen anders aus.
Unerwartet mussten wir vorgestern unsere Unterkunft verlassen, weil die Person, bei der wir bisher wohnten, einen ankommenden aber dann doch nicht stattgefundenen Helikopterflug zur Mitreise benutzten wollte. Wir hatten nur wenige Stunden Zeit eine neue Bleibe zu finden und liefen entsprechend unruhig die Straße auf und ab, sprachen Leute an, fragten die Administration, die Wetterstation, etc. Schlussendlich schafften wir es, eine kleine, leer stehende Wohnung zu finden. Sie ist nun - nachdem wir diese in einer Hauruckaktion umräumten und von Grund auf reinigten - unsere neue Wohnung. Dann hieß es noch in der Nacht umziehen. Alles Equipment, Werkzeug, Kleidung, Schlafsäcke, Schuhe, die gesamte Rettungsausrüstung, etc. - na eben alles. Zuerst trugen wir so viel wie möglich jeder nehmen konnte und liefen an das andere Ende Uelens. Dann kam der Fahrer eines russischen Burans mit Schlittenanhänger und bot an zu helfen. Dann kamen Kinder und zum Schluss waren wir umringt von Personen, die die Sachen auf dem Schlitten hielten, begleiteten, trugen, kommentierten, halfen, etc.
In jedem Fall brachte der Umzug mehr Ruhe für das Team. Jeder hat nun einen Schlafbereich oder so ähnlich. Wir haben einen Tisch und ein Keramikteil, das mal eine Toilettenschüssel werden sollte mit Brausespülung. Na ja, wenigstens kein Toilettenwasser schleppen.
Dafür Frischwasser, das draußen angeliefert wird und welches wir dann mit Eimern in die Wohnung tragen.
Viel viel mehr aber als diese kleine Geschichte ärgern mich Vorgänge in Zusammenhang z.B. mit der US-Botschaft in Moskau. Da kannst du schier einen Flash bekommen, ob derer Haltung und Gebaren. Gestern war dahingehend wieder ein ganz besch***ner Tag. Nachdem wir einen netten Brief im Auftrag eines amerikanischen Supervisors erhielten, mussten wir sehr schnell handeln.
Die US-Botschaft in Moskau z.B. hat - offensichtlich ohne dass sie ansatzweise begreift um was es geht, geschweige denn Briefe richtig lesen kann - Victor Burstein, den Verdientesten von allen Helfern, ohne den die Expedition mit amerikanischen Wagen NIEMALS Uelen erreicht hätte, nach Moskau beordert um Papiere zu klären. Die Typen haben gestern doch tatsächlich einen Beweis gefordert, dass die Expedition existiert. Da glaubst du nicht dass es sowas gibt. Zuerst habe ich mich tierisch aufgeregt, dann gelacht. Es scheint mir ein Höhepunkt absolut geistiger Armut.
Victor ist also derzeit auf dem Weg von Uelen!! nach Moskau, weil die amerikanische Botschaft ja schließlich AMERIKA ist. Und dass es sich bei den Fahrzeugen um amerikanische handelt interessiert dort eh niemand.
Komisch nur, dass wir auf der anderen Seite mehr und mehr Anfragen amerikanischer Magazine und Newspaper erhalten, die die historische Leistung der Expedition mit den "so tollen amerikanischen Wagen" publizieren und beschreiben wollen. Ich antworte aber nicht, weil sich mir der Magen bei dem Gedanken umdreht, wie wir von einem amerikanischen Partner im Stich gelassen wurden, wie wir trotzdem durchhielten, wie Victor nun nach Moskau kriechen darf, usw. I think it`s a shame.
So stehen wir hier, 100 km vor Amerika und warten.
Derweil bereiten wir uns und die Wagen vor und haben in der Heizfabrik wieder mal duschen können (wobei ich verwundert war dass Rudi schon wieder duschen wollte. Er hatte vor ein paar Tagen erst das Vergnügen ;-)).
Ach ja: Für deftige Worte entschuldige ich mich bei denen, die es nicht betrifft. Wer will legt einfach ein "Biep" drüber. Und sollte sich jemand auf den Schlips getreten fühlen ob meiner Schreibweise, wird es wohl der bekannte "getroffene Hund sein, der bellt".
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26.03.2010: 179. Kurzmeldung (05:52 Uhr MEZ)
Niemals aufgeben und schon gar nicht lassen wir uns von der US-Botschaft in Moskau unterkriegen.
Gemeinsam mit ganz ganz speziellen Helfern und Freunden sitzt Victor heute in einer Maschine nach Moskau. Das ist ein Held. Das hätte keiner außer ihm, den top Leuten, die uns in Russland unterstützen und dem EE-Office einschließlich der Flugbörse in Deutschland geschafft. In zwei Tagen von Uelen nach Moskau.
Man, habe ich einen Prass auf diese Bürokraten.
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31.03.2010: 180. Kurzmeldung (21:11 Uhr MEZ)
Uelen ist sicher anders als andere Ortschaften die wir bisher besuchten/durchfuhren. Hier scheint die Zeit, die Sprache, die Gewohnheit, das Leben andere Wege zu gehen. Das Leben, das sich hier sprichwörtlich auf der Straße abspielt ...
Drei Einladungen wurden uns ausgesprochen, drei Besuche bei Menschen/Familien in Uelen wie sie unterschiedlicher nicht hätten sein können, drei Erlebnisse mit Eindrücken, die auch nachdenklich machen können.
Ansonsten vergehen die Tage mit den Arbeiten an den Wagen. Wir erleichtern die Autos wo es nur geht, bauen die Tankanlage um, ändern die Dachträger, öffnen die Dächer für den Notausstieg, bauen die Außenbordmotoren an, sortieren die Bauteile des Hebesystems, bereiten die Hydraulik vor, setzten die Schäden instand, die wir uns von Lavrentia bis Uelen eingefahren haben, usw.
Mittlerweile hat auch der Sturm, der eisigen Nordwind und gefühlte Temperaturen um -40°C brachte wieder nachgelassen. Dieser hatte Uelen seit einigen Tagen fest im Griff und riss an allem was nicht Niet- und Nagelfest war. Zumindest können wir uns nun auch wieder ohne Mütze und Jacke in unserer Wohnung aufhalten und ein paar Zentimeter der Fensterscheiben sind auch wieder aufgetaut nachdem Abertausende von Eiskristallen den Blick verwehrten.
Anbei ein paar Bilder des Umbaus und der Werkstatt, die unmittelbar auf den Strand gebaut wurde. Liegen wir unter den Autos, liegen wir sozusagen am/auf dem Strand von Uelen.
Die anderen Bilder zeigen tschuktschisches Essen und Schnitzkunst.
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01.04.2010: 181. Kurzmeldung (01:37 Uhr MEZ)
Wie ungewöhnlich.
Ich gab Victor den Auftrag am zurückliegenden Sonntag, nachts den Zug von außerhalb nach Moskau zu benutzen anstatt Montagmorgen. Er traf in Moskau Stadt am Montagmorgen um ca. 7 Uhr ein und musste dann auf dem Weg zu einem Treffen mit der Deutschen Botschaft die Untergrundlinie nehmen auf deren Strecke nur rund eine Stunde später eine Bombe explodierte.
Wir hörten über mein Office zeitnah von den Terroranschlägen und waren sehr besorgt. Zumal wir zu dem Zeitpunkt keinen telefonischen Kontakt zu Victor aufbauen konnten. Dass sein Handy nur an der Pforte der Deutschen Botschaft lag erfuhren wird erst später. Alles gut - die Schutzengel und guten Geister fliegen anscheinend derzeit im Nonstop-Betrieb um ihn herum.
Wie positiv.
Heute Morgen dann ein klasse Start in den Tag. Zunächst traf eine außergewöhnlich gute Nachricht einer Behörde aus den USA ein, dann teilte Victor mir telefonisch mit auch in Moskau sei alles mit der US-Botschaft geregelt und dann erreichte uns - quasi als besondere Krönung - das Schreiben mit der offiziellen "Ausreisegenehmigung" der PNY-Expedition seitens der russischen Administration für den "Nichtgrenzpunkt" Uelen.
Wir wissen dieses Entgegenkommen sehr zu schätzen und bedanken uns dafür auch auf diesem Weg bei den beteiligten Personen, Ministerien und Behörden.
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01.04.2010: 182. Kurzmeldung (10:14 Uhr MEZ)
Wie nervend. Warum sollte ein Tag auch ausnahmslos gut sein?
Manche Agreements scheinen nicht viel wert zu sein. So hat uns heute Mittag die Dame, von der wir die Wohnung angemietet haben, angerufen und uns mitgeteilt - nachdem wir zusätzlich zur vereinbarten Zahlung die ganze Wohnung gereinigt, die Wasserleitung der Küche repariert und die Toilette auf Vordermann gebracht haben - dass die Wohnung nun bitte wieder geräumt werden muss. Ja spinnt die Tante denn? Wir haben eine Vereinbarung für einen Monat. Man geht mir so was auf die Nerven.
Da sollen wir wohl ein bisschen ausgenutzt werden. Besonders weil sie uns - nachdem ich mich wieder aufregen durfte - am Telefon offerierte für eine Verdreifachung der Summe gerne in der Wohnung bleiben zu dürfen.
Wie auch immer. Wir werden die Wohnung nicht vor Ablauf der Vereinbarung räumen und erwarten - zum ersten Mal in Russland - Ärger. Hoffentlich gibt es ein paar Leute die ihr hier in Uelen oder in St. Petersburg wo sie lebt klar machen, dass das so nicht geht.
Die gute Nachricht:
Nach 1,5 Jahren ungeschütztem liegenden, stehenden, rüttelschüttel-Staub-und-Kälte Transports auf Anhängern, x-maligem Umlagern, Schnee und Eis, haben wir den ersten Tohatsu Außenbordmotor heute fertig angeschlossen und gestartet. Beim zweiten Mal Schlüssel umdrehen lief er. Einfach genial. Hoffen wir mal Nr. 2 macht morgen das Gleiche.
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02.04.2010: 183. Kurzmeldung (11:47 Uhr MEZ)
Gestern Abend waren wir als Zuschauer bei den Tanzproben der Eskimotanzgruppe dabei und konnten uns über einen kleinen mongoloiden Jungen freuen, der in den zwei Stunden Tanz unglaublich viel lernte.
Die üble Situation mit der Vermieterin hatte sich tagsüber zunächst insofern regeln lassen, dass wir bis Ablauf des vereinbarten Monats zum vereinbarten Satz in der Wohnung bleiben. War ‘ne harte Nuss und Nerven hat es auch gekostet, aber na ja.
Heute dann das nächste Problem. Das GPS Spot Notsystem funktioniert nicht und die netten Leute der Herstellerfirma sind nicht in der Lage oder willens einen Rückruf durchzuführen, geschweige denn die Sache zu lösen. Man (die Expedition) hatte ja nur vor sich im Falle einer notwendigen Rettungsaktion darauf zu verlassen. Bin gespannt wie die das hinbringen wollen - ist auf jeden Fall unnötig wie ein Kropf wenn so ein Zeug nicht richtig geht und noch dazu dass man wegen dieser Typen, die sich nicht wie vereinbart melden, den ganzen Tag in der Wohnung rumsitzt, als hätte man nichts anderes zu tun.
Rudi hat die Zeit heute wenigstens genutzt und mit der Video-/Fotoausrüstung das örtliche Heizkraftwerk besucht. Er ließ sich erklären wie das hier funktioniert und durfte Einblick in Technik nehmen, die vieles hier am Leben hält. Es sind sehr nette Männer dort, die uns jederzeit willkommen heißen. Besonders Slava, der 70-jährige Chefheizer, der aussieht wie 55-60 und Muskeln hat wie ein 40-jähriger Fitnesstrainer ist aufgeschlossen. Das ein oder andere Mal schon saßen wir zusammen, tranken einen Tee, hören seine Geschichte, manchmal fällt auch lange kein Wort und jeder denkt den jeweils eigenen Teil.
Es ist eine eigene, spezielle Lebenssituation hier, auf dem rund zwei Häuserreihen schmalen Landstück zwischen Beringstraße und Lagune, auf der sich Uelen befindet. Die Menschen passen sich an und leben wie die Natur die Weichen stellt.
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06.04.2010: 184. Kurzmeldung (12:34 Uhr MEZ)
Tohatsu-Motor Nr. 2 läuft auch und der Umbau der Autos in der kleinen Garage geht weiter voran.
Allerdings gibt es Faktoren, die uns derzeit den Start zur Überquerung der Beringstraße nicht erlauben. Zum Einen müssen wir auf die Abfertigung durch den russischen Grenz- und Zolldienst warten, zum Anderen ist die Wetterlage derzeit alles andere als optimal.
Ein Sturm/Tief jagt das nächste. Heftige Winde aus Norden sorgen zwar für eine derzeit starke Eiskonzentration in der Beringstraße, lassen aber durch die Gesamtwetterlage keinen Aufbruch zu.
Wir warten.
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09.04.2010: 185. Kurzmeldung (11:51 Uhr MEZ)
Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen das Bermuda ist da. Langsam wird es auch hier unheimlich.
Erst müssen wir Victor nach Moskau senden, wo er nur knapp den Terroranschlägen entgeht, dann ereignet sich gestern Morgen in geringer Entfernung zu uns ein Erdbeben (bei N 65.3 / W 170.7).
Wir kennen die Zusammenhänge noch nicht genau, aber die seismische Welle des Erdstoßes, der mit 4,7 gemessen wurde, scheint mit dafür verantwortlich zu sein, dass das Eis an der Küste Uelens in den Morgenstunden auf ganzer Länge abgerissen ist. "Ja leck mich am Ärmel!"
Um uns das besser anzusehen, haben wir heute eine ca. 10 km lange Wanderung entlang des Risses bis kurz vor "die drei Brüder" (eine Felsformation vor dem Cap) gemacht. Interesssant.
Dabei trafen wir auch auf einheimische Jäger, die das Abreißen des Eises zum Jagen und Fischen nutzen.
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12.04.2010: 186. Kurzmeldung (06:41 Uhr MEZ)
Warten, warten, warten. Zum Warten verdammt.
Haben derzeit extrem schlechtes Wetter.
Es stürmt und schneit draußen seit Tagen als ob Frau Holle stinksauer ist und ein Tief jagt das Andere. Mittlerweile meterhohe Verwehungen an den Häusern und zwischen den Containern, die hier überall stehen. Die Temperaturen sind zwischenzeitlich auf um null Grad gestiegen, alles ist nass.
Die Autos sind zwar bis auf die Montage der Pontons und Hydraulik fertig, an Aufbruch ist aber nicht zu denken. Keiner kommt rein oder raus, hin oder weg. Die Stürme haben Tschukotka fest im Griff. Noch nicht mal die russischen Vestichots (Kettenfahrzeuge) fahren.
Mittlerweile können auch die beiden Wassertrucks, die Uelen aus einer rund vier Kilometer entfernten Quelle mit frischem Trinkwasser versorgen, wegen des meterhohen Schnees nicht mehr zu dieser vordringen. Gestern wurde daraufhin das Brauchwasser (Wasserhahn Küche, Heizung, etc.) auf Salzwasser umgestellt. Die Trucks können nun nur noch einige hundert Meter auf die gefrorene Lagune rausfahren und holen durch ein Bohrloch Salzwasser für das Heizkraftwerk.
Die Tage der hier wartenden - mittlerweile dezimierten - kleinen Mannschaft sind geprägt von Disziplin. Sie ist das oberste Gebot und sichert uns ab. Rudi und ich halten uns mit eiserner Strenge daran, als Garant um trotz aller Eindrücke hier durchzuhalten. Das ändert aber nicht, dass um uns herum Dinge passieren, die wir nicht beeinflussen können. So haben wir uns mittlerweile wieder von einem Teammitglied trennen müssen. Wenn ich eines Tages das Buch schreiben werde, kann ich vielleicht noch besser erzählen was sich zutrug, was uns wiederfuhr, was belastete, welche Härten wir hier sahen und erlebten, wie sich scheinbar fügte was sich fügen soll - oder eben auch nicht.
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12.04.2010: 187. Kurzmeldung (12:15 Uhr MEZ)
Durch den starken Südsturm ist das Eis von der Küste Uelens und rund um das Cap nach dem Bruch nun ca. 1-2 km abgetrieben worden. Bedrohlich liegt es "vor Anker", scheint uns zu beobachten wie wir es. Dreht der Wind und kommt aus Nord, ist die Rinne binnen Stunden wieder zu.
In der Rinne tummeln sich derzeit hunderte von Möwen und Enten. Keine Ahnung wo sich die alle versteckt hatten, denn gesehen haben wir außer Hunden und erlegten Seehunden hier die ganze Zeit nur ein paar Raben.
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13.04.2010: 188. Kurzmeldung (12:03 Uhr MEZ)
Gestern Abend war für einen ganz kurzen Moment Ruhe im Sturm.
Als gegen 20 Uhr der Wind fast schlagartig nachließ, die Wolken aufrissen, das Restlicht des Tages die Wasserrinne beleuchtete, war es täuschend angenehm. Das Wasser plätscherte, die Enten und Möwen schwammen. In der Nacht und heute Morgen dann wieder peitschender, eiskalter Nordwind. Die Rinne gibt es nicht mehr. Alles Eis. Das Wasser mit rund 35 Gramm Salz pro Liter fror in 12 Stunden wieder zu. Eis aus dem Norden drückt gewaltig nach.
An der Stelle wo gestern noch die Abrisskante war, saßen heute Morgen ca. zehn Jäger mit Gewehren im Anschlag und warteten darauf dass ein Seehund seine Nase durch ein Atemloch bzw. das berstende Eis nach draußen streckt. Volle Deckung bitte.
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14.04.2010: 189. Kurzmeldung (10:16 Uhr MEZ)
Situation wird schlechter. Das Wetter ist nach wie vor geprägt von Sturm, Schnee und Schneeverwehungen. Schwierige Zeit. Braunes Salzwasser bei jeder Gelegenheit tut sein Übriges. Unsere Frischwasserreserve: noch ca. 40 Liter. Mal sehen.
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15.04.2010: 190. Kurzmeldung (11:33 Uhr MEZ)
So langsam wissen wir wie Gefangene sich fühlen, also schön brav bleiben. Seit fünf Tagen hat man uns das Telefon abgeschaltet (Ne ne, nicht was ihr denkt. Die Rechnung haben wir immer und sofort bezahlt.) und heute Morgen ist selbst die Salzwasserversorgung wegen eines Schadens ausgefallen. Damit geht jetzt auch die Heizung nicht mehr. Na ja, zum Glück haben wir wenigstens unsere dicken Mammutschlafsäcke. Schau‘n mä ma.
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16.04.2010: 191. Kurzmeldung (11:32 Uhr MEZ)
Nach Intensivstudium der Wetterlage haben wir gestern Nacht ein ganz kleines Wetterfenster (ca. acht Stunden) kurz vor dem Beginn eines neuen Sturms genutzt und sind in einem harten sechsstündigen Ritt, mit einem Snowmobil nebst Schlitten von Uelen 100 km nach Lavrentia gefahren um einige Tage hier zu warten.
U.a. haben wir so unsere Kommunikationslage deutlich verbessert und sind nicht total abgeschnitten.
Keine drei Stunden nach unserem Eintreffen ging der nächste Sturm wieder los, Schneetreiben setzte ein und hält an.
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19.04.2010: 192. Kurzmeldung (10:10 Uhr MEZ)
Es stürmt seit der Nacht unserer Ankunft wie verrückt. Nicht eine Stunde nachlassend peitscht der Orkan den Schnee über die Beringsee, Uelen, Lavrentia, usw. Sturm und Schneetreiben total. Unmengen Neuschnee. Warten, warten, warten.
In der Stadt bereitet man sich zwischenzeitlich auch auf das Eintreffen eines Multimillionärs/Milliardärs vor, der schon ins Weltall flog und nun mit einem Ultraleichtflugzeug von Anadyr aus nach Lavrentia fliegen will.
Soweit wir es mit unserem eingeschränktem Russisch verstanden, soll ein größeres Flugzeug das Ultraleichtflugzeug zunächst in Teilen nach Anadyr bringen. Dort baut es die Crew zusammen. Dann fliegt der Chef mit dem kleinen Vogel nach Lavrentia. Dort soll es wieder zerlegt und in eine Cessna gepackt werden. Die Cessna wiederum soll den kleinen Flieger dann über die Beringstraße nach Amerika bringen. Upps. Außerdem ist ein Reisender auf dem Weg nach Uelen, der die Beringstraße im Sommer auf dem Weg der Tschuktschen und Eskimos per Jagdboot überqueren will.
Na ja, vielleicht treffen wir ja einen von beiden.
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26.04.2010: 193. Kurzmeldung (19:08 Uhr MEZ)
Während eines wenige Stunden andauernden Wetterfensters sind wir am vergangenen Freitag mit einer Sondermaschine der Tschukotavia nach Anadyr geflogen, die den kurzen Moment der Wetterruhe für einen eiligen Transport u.a. von Lebensmitteln nach Lavrentia nutzte.
Nach 1,5 Monaten des vergeblichen Wartens hatte ich am Tag zuvor entschieden, dass ein weiteres Warten keinen Sinn macht. Aufgrund der schweren Stürme war es dem Abwicklungsteam der russischen Behörden unmöglich uns in Uelen zu erreichen, bzw. dann in angemessener Zeit von dort wieder wegzukommen. In den 1,5 Monaten unseres Wartens konnte nur ein einziger Helikopter nach Uelen fliegen. Wir kamen nur raus, weil wir den verwegenen Skidoofahrer fanden, der sich unseren nächtlichem "Ausbruchsversuch" zwischen zwei Stürmen zutraute und die außergewöhnliche Verdienstchance nicht entgehen lassen wollte. Ein Höllenritt. Insofern kann ich die Bedenken der offiziellen Stellen nachvollziehen und akzeptieren. Mittlerweile ziehen die Frühlingsstürme über die Beringstraße. Eine Überquerung ist derzeit ausgeschlossen.
Gleichwohl bedeutet das für die Expedition neben einer hohen finanziellen Belastungen, eine mindestens monatelange Unterbrechung.
Ich werde zunächst nach Deutschland zurückkehren um Gespräche führen und dann entscheiden zu können wie wir weitermachen.
Zur Fortsetzung ist insbesondere weiterhin eine Allianz von Partnern notwendig, die auch zukünftig die Expedition unterstützt.
Ich danke dem Team 2010, das durch alle schwierigen Situationen hindurch ein sehr sehr hohes Maß an Willensstärke, Ausdauer und Mut bewiesen hat und freue mich über das bisher Erreichte.
Für die überaus freundliche und freundschaftliche Aufnahme in Lavrentia während der vergangenen Tage, möchten wir uns noch im Besonderen bei der Administration, bei Victor und Marina für die Herzlichkeit und bei dem netten Personal der gepflegten Unterkunft in der wir schlafen durften bedanken.
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